Auszählung: Berechnung nach Sainte-Laguë/Schepers ist anerkanntes Verfahren

Von | 19. Juni 2015

Eine der wesentlichen Änderungen des Kommunalwahlrechts zur Kommunalwahl 2014 war die Absenkung des aktiven Wahlalters von 18 auf 16 Jahre. Geändert wurde aber auch das Berechnungsverfahren für die Sitzverteilung in den Gemeinde- und Kreisräten. Maßgeblich ist seither nicht mehr das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt sondern das Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, das bereits bei den Landtags-, Bundestags- und Europawahlen seit einigen Jahren Anwendung findet und ein anerkanntes Zählverfahren ist.

Dies sieht auch das Bundesverfassungsgericht so, das in drei Entscheidungen seit 1952, zuletzt 2008, festgestellt hat, dass keines der drei gängigen Berechnungsverfahren prinzipiell „richtiger“ ist. Grundsätzliches Problem aller Verfahren ist, dass bei der Feststellung der Sitze zunächst Rundungen erforderlich sind und es so zu Ungenauigkeiten, im schlechteren Fall aber Ungerechtigkeiten kommen kann. So kann bei einer Zählweise, dem Hare/Niemeyer-Verfahren, beispielsweise das so genannte Alabama-Paradoxon auftreten. Es führt dazu, dass eine Partei aus arithmetischen Proporzgründen einen ihr zustehenden Sitz verlieren kann, wenn die Gesamtmandatsanzahl in einem Parlament erhöht wird. Beim Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren ist es äußerst unwahrscheinlich, dass es zu Konstellationen kommt, die eine Sitzzahl in größerem Umfang verändern, als eine Auf- oder Abrundung dies ohnehin vorsieht. Bestätigt hat sich jedoch die vermutung, dass durch die neue Zählweise kleinere Parteien leichter Sitze erreichen können. Dies hat vor allem in Großstädten zu einer weiteren Zersplitterung von Kräften im Gemeinderat geführt.

Auch die Zusammensetzung von beschließenden Ausschüssen im Gemeinderat oder Kreistag wird nach dem neuen Verfahren berechnet. Eine Empfehlung, in der gleichen Art zu verfahren, gibt es auch für die beratenden Ausschüsse auf kommunaler Ebene. In der Regel aber wird die Zusammensetzung aller Ausschüsse nur dann per Wahl entschieden, wenn sich die Fraktionen und Mitglieder des Gemeinde- oder Kreisrats nicht einigen können. Eine weitere wichtige Änderung, die Einfluss auf die kleineren Parteien und deren Kandidatenlisten hat, war vom Landtag ebenfalls eingeführt worden: Entgegen der Kommunalwahlen 2004 und 2009 war es nicht mehr möglich, ein und denselben Kandidaten auf Listen für zwei Kreistage aufzuführen.

Kleine Parteien hatten dies genutzt, um in ihren Wahlvorschlägen mehr Bewerber aufführen zu können. Erwarb ein doppelt aufgeführter Kandidat in zwei Wahlkreisen auch Mandate, hatte dies zur Folge gehabt, dass ein anderer Bewerber ersatzweise in den Kreistag eingezogen war, der aber eigentlich gar nicht gewählt worden war. Dies könne als Verzerrung des Wählerwillens angesehen werden, heißt es in der Begründung des Gesetzes. Durch die Rückkehr zu dem Grundsatz, dass jeder Bewerber lediglich in einem Wahlvorschlag kandidieren kann, würde diese Unstimmigkeiten beseitigt und eine für alle Kommunalwahlen einheitliche Regelung erreicht.

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Erstveröffentlichung: Staatsanzeiger Baden-Württemberg