Doppik: Qualifikation einfordern

Von | 10. September 2014

Der doppische Haushalt verursacht vielerorts Unbehagen – vor allem unter den politischen Entscheidungsträgern. Doch es gibt Möglichkeiten, den Kommunalpolitikern die neue Methode des Haushaltens näher zu bringen.

Wenn Gemeinde- und Kreisräte über den Haushaltsentwürfen der Kommunen und Landkreise brüten, dann haben sich etliche der Kommunalpolitiker auch wieder neu einzuarbeiten. Denn: Mit dem „Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrecht“ hatte im Jahr 2009 der Landtag von Baden-Württemberg den Weg zur doppischen Haushaltsführung freigemacht und noch immer sind die meisten Gemeinden in Baden-Württemberg dabei, die kameralistische Haushaltsführung auf die so genannte „Doppik“ umzustellen. Bis 2020 soll Zeit dafür sein, so hat es der Landtag Baden-Württemberg mit der Grün-Roten Mehrheit verabschiedet.

Die Tatsache aber, dass es zu dieser Aufweichung kommt, hat nach Ansicht von Walter Buttler, Professor für kommunales Wirtschafts- und Abgabenrecht an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, dazu geführt, dass viele Kommunen zwischenzeitlich alle Aktivitäten für eine Umstellung erst einmal gestoppt haben. Damit wird seiner Ansicht nach eine grundlegend negative Haltung gegenüber der Doppik in Verwaltungen verstärkt und auch auf Kommunalpolitiker übertragen.

Die Tatsache, dass keine Begeisterungsstürme in den Kommunal- und Kreisparlamenten in Bezug auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR) ausbrechen, hängt auch damit zusammen, dass Gemeinde- und Kreisräte Abschied nehmen müssen vom wohlvertrauten Bild des kameralistischen Haushalts mit Einnahmen und Ausgaben. Jetzt finden sie stattdessen Produktgruppen, Kennzahlen, Konten, Ergebnishaushalt und Vermögenshaushalt – ein verwirrendes Zahlenwerk jedenfalls, das nicht auf Anhieb zugänglich ist.

„Ich kann ja gar nichts mehr sehen“, zitiert Michaela Wild, Gesamtprojektleiterin bei der Stadt Albstadt (Landkreis Tübingen) eine der Reaktionen, die sie oft auf Fortbildungsveranstaltungen oder in Gesprächen mit Kommunalpolitikern hört. Wild ist in einigen Arbeitsgruppen im ganzen Land unterwegs und gilt als Verfechterin der Doppik. Sie stimmt den Kritikern zunächst einmal zu: „Wenn der doppische Haushalt richtig aufgestellt ist, sehen sie einzelne Posten eben nicht mehr im Detail“. Die Gefahr sei dann groß, dass Stadträte in alte kameralistische Sicht- und Verhaltensweisen zurückfallen. Die NKHR-Expertin rät dann, in eine Diskussion über die neuen Steuerungsmöglichkeiten der Doppik einzusteigen. Stadt- und Kreisräte müssen dann gemeinsam mit der Verwaltung überlegen, wo das „Schiff“ hinfahren soll.

Man müsse den Politikern klar machen, so Michaela Wild, dass sie jetzt betriebswirtschaftlich steuern könnten. Der neue Haushalt sei deshalb viel flexibler. Es könne beispielsweise sein, dass von den politischen Gremien eingefordert wird, den ganzen Bereich der Schulen detailliert abzubilden, weil dies gerade ein Schwerpunkt-Thema sei. Andere Bereiche würden vielleicht lediglich noch in „aggregierter Form“ dargestellt. „Dieser Anstoß muss letztlich aus dem Rat kommen“, betont sie. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Umstellung auf die Doppik in einer kleineren oder größeren Kommune vollzogen werde.

Die Kommunalpolitiker könnten von den Verwaltungen Qualifikation einfordern, wenn es darum geht, die Doppik transparent zu machen, sagt die Fachfrau. Seminare, Workshops oder Klausurtage sind demnach hilfreiche Instrumente, um die Doppik auch den Stadträten näher zu bringen, die keinen betriebswirtschaftlichen Hintergrund besitzen. An Fachleuten mangelt es in Baden-Württemberg nicht: Sowohl die Hochschule Ludwigsburg als auch die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl haben ausgewiesene Doppik-Experten in ihren Reihen. „Die neue Doppik ist bei uns schon seit zehn Jahren in der Lehre“, erläutert Walter Buttler von Ludwigsburger Hochschule. Die Kameralistik sei hingegen fast zur Gänze eliminiert worden.

„Unsere Studenten sind aufgrund ihres Fachwissens in diesem Bereich heiß begehrt“, fügt er hinzu. In etlichen Kommunen arbeiten inzwischen anerkannte Fachleute zum Thema Doppik und setzen diese um. Die Verwaltungsschule des Gemeindetags Baden-Württemberg bietet dazu ebenfalls Fortbildungen an. Die Internetseite www.haushaltssteuerung.de, ein Portal für öffentliche Haushalts- und Finanzwirtschaft eines Wissenschaftlers der Universität Hamburg und eines Mitarbeiters aus einem Finanzministerium, bietet ebenfalls grundlegende Informationen an. Dort existiert unter anderem ein umfangreiches Lexikon mit Begriffserklärungen rund um die Themen Doppik und Haushaltsführung.

Erstveröffentlichung: Staatsanzeiger Baden-Württemberg