Kommunalaufsicht: Streit hat vor allem mit Emotionen zu tun

Von | 13. Januar 2015

Streiten Kommunalpolitiker mit Bürgermeistern und Landräten, kommt die Kommunalaufsicht ins Spiel. Weil es aber oft um zwischenmenschliche Zerwürfnisse geht, sind die Möglichkeiten beschränkt. Moderieren kann die übergeordnete Stelle ein klärendes Gespräch aber allemal.

Die Vorwürfe klingen jeweils hart: Mangelnde Führung beim Bürgermeister in Bahlingen (Landkreis Freiburg), Willkür und fehlendes politisches Gespür beim Stadtoberhaupt von Ebersbach an der Fils (Landkreis Göppingen), Missachtung des Gemeinderatswillens durch die Verwaltungsspitze in Überlingen (Bodenseekreis). Es sind Auszüge dreier Meldungen aus verschiedenen Lokalzeitungen in Baden-Württemberg in der Vergangenheit. Drei Beispiele, die sich so oder auf ähnliche Weise regelmäßig in anderen Orten und Landkreisen wiederholen. Zuweilen knirscht es ordentlich zwischen Kommunalpolitikern und den jeweiligen Oberbürgermeistern, Bürgermeistern sowie Landräten.

Die Gründe sind vielfältig, wenn es zu Streitigkeiten in der Kommunalpolitik kommt. Auslöser können Sachentscheidungen sein, mit denen ein Gemeinde- oder Kreisrat nicht einverstanden ist und das Stadtoberhaupt keinen Willen zeigt, auf das Gremium zuzugehen. Auch eine intransparente Vorgehensweise kann den Unmut der Politiker hervorrufen oder wenn Entscheidungen wiederum des Rates von der Verwaltung nicht oder lediglich teilweise und halbherzig umgesetzt werden. Die Emotionen kochen in solchen Fällen hoch, die Gemeinderatssitzungen sind dann – gegen jede Regel – sehr gut besucht und müssen in größere Säle verlegt werden, auch die lokale Presse interessiert sich für die Sitzung.

Finden Stadt- oder Kreisräte mit ihren Verwaltungschefs keinen gemeinsamen Nenner mehr und es kommt zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde, dann ist die Kommunalaufsicht gefragt. Festgelegt sind deren Aufgaben im vierten Teil der Gemeindeordnung Baden-Württemberg und in der Landkreisordnung des Bundeslandes, die Regelungen der Gemeindeordnung übernimmt.

Zuständig für die Kommunalaufsicht in Städten unter 20000 Einwohnern sind die jeweiligen Landratsämter. Die Großen Kreisstädte, die kreisfreien Städte und die Landkreise obliegen der Aufsicht der Regierungspräsidien. Hauptaufgabe ist die Prüfung der beschlossenen Haushalte. Die Kommunalaufsicht hat zudem das Recht, sich über Vorgänge in einer Gemeinde oder in einem Kreis zu informieren, diese zu beanstanden und Maßnahmen anzuordnen, die bestehende Missstände beseitigen. Letztes Mittel der Wahl die Amtsenthebung eines Bürgermeisters, wenn schwere Verfehlungen im Amt bekannt werden. Dann wird die Amtszeit von der Kommunalaufsicht für beendet erklärt.

Die Kommunalaufsicht muss sich bei ihrer Arbeit lediglich zu einem geringen Teil mit solchen Dienstaufsichtsbeschwerden beschäftigen. „90 Prozent der Fälle betreffen rechtliche Fragen bei Sachentscheidungen“, stellt Rainer Heckhausen von der Kommunalaufsicht im Regierungspräsidium Stuttgart fest. Der „Clinch“, von dem in den Medien des Öfteren die Rede ist, kommt dagegen „ganz ganz selten“ vor.

Meistens gehe es dabei um ein oder zwei Personen, die sich nicht mehr mit dem Stadtoberhaupt vertragen, und nicht um den ganzen Rat. Haben alle Gespräche im Vorfeld zwischen den Kontrahenten nichts gefruchtet, wird der Streit irgendwann in einer öffentlichen Sitzung ausgetragen. „Wir erfahren es dann auch zuerst aus den Medien“, so Heckhausen. Oft gehe es dabei um Stilfragen, beispielsweise was die Amtsführung eines Bürgermeisters angeht. Für die Kommunalaufsicht gibt es in diesem Fall in der Regel wenig zu tun, wenn es sich um ein tiefergehendes zwischenmenschliches Zerwürfnis handelt, bei dem eine strittige Sachfrage lediglich den Auslöser für einen Streit darstellt. „Wir nehmen so etwas nicht mit Freude zur Kenntnis, schreiten dann aber erst einmal nicht ein“, betont der Experte. „Das ist ein weites Feld und wir sind auf die Rechtsaufsicht beschränkt“, macht er die Grenzen der Befugnisse klar.

Man sei allerdings durchaus bereit, Gespräche vor Ort zu moderieren. „Müssen wir das tun, heißt das aber auch gleichzeitig, vor Ort kommt man nicht klar“. Das ist auch der Grund, weswegen man über solche Streitigkeiten plötzlich nichts mehr in der Zeitung lesen kann: Die Gespräche, die dann geführt werden, laufen hinter verschlossenen Türen. Auf das klärende Gespräch setzt auch Bernd Klee vom Landkreistag Baden-Württemberg. „Das rechtliche Instrumentarium ist immer der zweite Schritt“, sagt er.

Gute Kommunalrechts-Bearbeiter, die einen guten Draht in die jeweilige Verwaltung haben, könnten strittige Angelegenheiten in der Regel „ganz gut schlichten“. Rainer Heckhausen vom Regierungspräsidium Stuttgart rät, mögliche oder sogar erkannte Konfliktherde in der Hauptsatzung zu regeln. Auch der nicht öffentlich tagende Ältestenrat ist für ihn ein guter Ort, um Unstimmigkeiten zur Sprache zu bringen. „Es kommt viel darauf an, ob man fair und offen miteinander umgeht“, fügt er hinzu.

Erstveröffentlichung Staatsanzeiger Baden-Württemberg